Gibt es überzeugende Gründe für eine erneute Mehrwertsteueranhebung?
Populistisch
orientierte Politiker und Meinungsmacher versuchen jegliche weitere
Mehrwertsteuererhöhung zu verhindern. Der Grund ist so einfach
wie plausibel: Da die Mehrwertsteuer auch auf Importe aufgeschlagen
wird, würde eine Anhebung des Steuersatzes das globale
Lohndumpingsystem schwächen.
Um dies zu verhindern wird jegliche Mehrwertsteuererhöhung als
preistreibend und unsozial dargestellt. Dabei ist sie genau das
Gegenteil:
Fünf
gute Gründe für eine neue Mehrwertsteuererhöhung:
1.
Eine Mehrwertsteuererhöhung sorgt für Abgabensenkungen an
anderer Stelle...
Die
Einnahmen aus der Mehrwertsteuer wurden zu keiner Zeit dafür
verwendet, unnötige Haushaltsüberschüsse anzusammeln,
sondern dienen der Finanzierung und dem Erhalt des Sozialstaates.
Gäbe es die Mehrwertsteuer nicht, müssten die Beiträge
zur Sozialversicherung und die Lohnsteuern deutlich erhöht
werden. Die Folgen kann man sich leicht ausmalen: Die höheren
Lohnkosten vernichten noch mehr Arbeitsplätze, der Staat
wäre ganz schnell pleite.
Fünf
gute Gründe für eine neue Mehrwertsteuererhöhung:
2.
Nichts wurde teurer!
Anfang
2007 wurde die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 % erhöht und als
Ausgleich dafür die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
abgesenkt. Die Folgen dieser Umschichtung:
1. Die Inflationsrate ist nicht angestiegen (die von den Gegnern
angekündigten Preissteigerungen blieben aus).
2. 1,5 Millionen Arbeitslose fanden eine neue Beschäftigung.
Bestimmte Kreise versuchen diesen Erfolg anderen Umständen
zuzuschreiben. So soll plötzlich
die
Agenda
2010
das
Beschäftigungswunder bewirkt haben (obwohl diese Agenda doch
erst das Desaster herbeigeführt hatte und zu vorzeitigen
Neuwahlen zwang). Außerdem wird argumentiert, dass die gute
Weltkonjunktur die Wende gebracht hätte (obwohl die
Weltwirtschaft auch in den Jahren zuvor schon florierte).
Fünf
gute Gründe für eine neue Mehrwertsteuererhöhung:
3.
Konsumsteuern sind besser als Sozialabgaben!
Lohnbezogene
Sozialversicherungsbeiträge und Steuern führen zu einem
fatalen Ungleichgewicht
von Arbeit und Kapital.
Die Kosten für die Arbeit werden de facto verdoppelt,
während die Kapitalinvestitionen auch noch über Staats- und
Landessubventionen verbilligt werden. Diese Schieflage führt zu
einer übersteigerten Automatisierung und zur
künstlich forcierten Vernichtung von Arbeitsplätzen. Es
werden Maschinen eingesetzt, die sich nur wegen der staatlichen
Ungleichbehandlung von Arbeit und Kapital rentieren, was wiederum die
Produktivität beeinträchtigt und unser
marktwirtschaftliches System untergräbt.
Fünf
gute Gründe für eine neue Mehrwertsteuererhöhung:
4.
Mit der Reichensteuer und hohen Konzernsteuern löst man die
Probleme nicht...
Von
Populisten werden penetrant Erhöhungen der Reichen-,
Erbschafts-, Vermögens- und Konzernsteuern gefordert. Es kommt
natürlich immer gut an, lautstark eine Entlastung der breiten
Bevölkerung zu fordern und die begüterte Minderheit mehr in
die Pflicht zu nehmen.
Aber bei dieser scheinbaren Alternative handelt es sich um pure
Augenwischerei. Denn in der globalen Welt lassen sich nun einmal
weder die Reichen noch die international aufgestellten Unternehmen
über Gebühr ausnehmen - wenn der Bogen überspannt
wird, wandern sie einfach aus bzw. verlagern ihren Firmensitz ins
Ausland (wie bereits im großen Umfang
geschehen).
Fünf
gute Gründe für eine neue Mehrwertsteuererhöhung:
5.
Warum sollen Einfuhren subventioniert werden?
Gibt
es einen triftigen Grund, die Staatskosten ziemlich einseitig unserer
arbeitenden Bevölkerung aufzubürden? Es ist doch
eigentlich unfassbar, dass die deutschen Produktionskosten durch die
unfaire Abgabenpolitik aufgebläht werden - während bei
eingeführten Waren und Dienstleistungen der Fiskus weitgehend
wegschaut.
Eine solch gravierende Ungleichbehandlung kann auf Dauer nicht
gutgehen. Eine Anhebung der Mehrwertsteuer verringert die
Diskrepanzen in doppelter Hinsicht: Die deutschen Lohnkosten werden
entlastet - gleichzeitig aber die importierten Arbeitsleistungen mehr
besteuert. Die absurde Bevorzugung von Einfuhren wird dadurch zwar
nicht aufgelöst, aber sie wird doch immerhin etwas
abgemildert.
Startseite
www.deglobalisierung.eu
Impressum
© Manfred
J. Müller, Flensburg © Manfred J. Müller, Flensburg,
Februar 2009
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred Julius Müller
Der
Fetischismus des globalen Zollfreihandels (und der Europäischen
Union) bescherte uns eine nun seit über 40 Jahren anhaltende
Phase eines kaum wahrgenommenen schleichenden Niedergangs. Eine
abenteuerliche Billiggeldschwemme und manipulierte Minizinspolitik
sorgt seit 2009 für eine trügerische Ruhe vor dem Sturm.
Aber wie lange noch?
Wann wird
es wieder möglich sein, über fatale Irrlehren offen zu
debattieren, ohne dabei gleich in die links- oder rechtsextreme Ecke
geschoben zu werden? Wann
wird aus unserer "Mediendiktatur" wieder eine echte parlamentarische
Demokratie?